Du kommst heim von der Uni.
Tasche auf den Boden.
Hofer-Brot auf den Tisch.
Nur der Fernseher beobachtet dich. Dein verkaterter Mitbewohner hat wohl vorher Gesellschaft gebraucht.
Du setzt dich.
Fragst dich, ob der Zeitpunkt kommen wird, an dem dir Hofer Brot zum Hals raushängt.
Du hoffst der Zeitpunkt ist nicht vor der nächsten Gehaltsüberweisung.
Du zappst ins nächste Programm.
Weil die Arte Naturdoku nicht die gewünschte entspannte Atmosphäre ins Zimmer zaubert. Hofer-Brot schluckt sich schwer, wenn der Stammesvater gerade seine Schwester umbringt. Hängen bleibst du dann trotzdem auf Okto, denn die stumpfsinnigen Talkshows machen dich ganz nervös und immerhin ist Herbst und du sollst und darfst und musst ja wieder denken. Und nicht sonnen.
Es läuft utv.
4 Frauen exklusive Moderatorin diskutieren den Begriff Feminismus.
Wer´s braucht, wer´s will, wer´s hat und wer´s fürchtet.
Du fürchtest dich kurz.
Die guten Erfahrungen mit Feminismus, die haben andere Frauen gemacht. Damals anno Summer of Love. Die Menschen, die mit Dir über Feminismus geredet haben, bei politischen Seminaren und am Frauentag, haben gegen deinen Willen eine Frauenquote eingeführt und sind dann auch noch wütend geworden, wenn du deswegen nicht wirklich mutiger warst zu reden. Wenn du nicht plötzlich aufgrund dieser formalen Maßnahme in Worte fassen konntest was du eigentlich sagen wolltest.
Aber gefreut haben Sie sich dann trotzdem, denn immerhin hatten sie es ab da auf dem Papier: Männer und Frauen haben gleichoft geredet!
(Aber wurden wir trotzdem gehört?)
Du kaust. Du schluckst.
Du verfolgst die Straßenumfrage, die utv auf der Mahü gemacht hat.
Thema: "Was denkst du über Feminismus?"
Du lauschst den Aussagen. Du findest, dass du sie alle schon mal irgendwo gehört hast. Laut lachst du, als die adrett gekleidete Frau um die fünfzig meint: " Gut find ich das! Das haben sich die Frauen damals hart ERKAUFT, da müssen wir drauf schaun!".
Du fragst dich, wie die Frauen den Feminismus abbezahlt haben und was das Zahlungsmittel war und überhaupt, wer hat den Feminismus angeboten und wie lange ist da Garantie drauf?
Nachdenklich hörst du eine Diskussionsteilnehmerin sagen, dass mensch sich nicht auf dem Feminismus ausruhen könne. Dass momentan alles in Richtung zurück an den Herd gehe.
Du stimmst zu. Und du fragst dich, ob das Kapital einen denn wirklich zurück an den Herd bringen will. Bis du denn nicht besser in Schach gehalten, wenn du unterbezahlt und hungernd, mit der Figur eines 14 jährigen Knabens, in Teilzeitjobs und Praktikas hängst, in der Hoffnung, endlich (an)-erkannt zu werden? Vom Traumprinz. Vom Vorgesetzten. Vom andren.
Das Hofer-Brot hat seinen Zweck erfüllt, satt lehnst du dich in den Stuhl zurück. Sie reden davon, dass Du deine Rechte verteidigen sollst. Du bist dir nicht sicher, was deine Rechte sind. Wenn du ganz ehrlich bist, bist du dir nicht mal sicher, was deine Wünsche sind, lässt du einmal sämtliche Empfehlungen deiner Familie, der Freunde deiner Familie, deiner Lehrer, deiner Nachbarn und deiner Friseurin außer Acht.
Du räumst das Hofer-Brot weg.
Für dich gibt es genau einen Feminismus, der sich nicht nach Floskel für dich anfühlt.
Er lautet: Finde heraus, was du dir von Herzen wünschst, von was du träumst und wer du bist. Suche nach deiner Wahrheit. Kurz: Begehre! Dann weißt du auch, auf was du schauen musst, was deine Rechte sind und was du verteidigen willst.
Und bei der nächsten politischen Diskussion hast du dann wirklich was zu sagen. Und weißt wie. Scheiß doch auf Quote.
Donnerstag, September 14, 2006
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6 Kommentare:
Da kann ich nichts mehr hinzufügen. Aber unterschreiben könnt' ich es.
P.S.: Fordere Gehaltserhöhung an, denn jedes Mal, wenn du Hofer-Brot geschrieben hast, musste ich trocken schlucken ;) Hab' ich nur einmal gegessen. Musste pro Bissen zigmal kauen, bis das nicht mehr wie trockener Staub war.
Ach, ned "trockener" Staub. Staub ist immer trocken.
Gepresster Staub wollte ich schreiben. Ts.
ich hab gern gelesen...
brot vom hofer??? stell ich mir grausamst vor. noch nie gekauft.
und wirklich gut geschrieben fand ichs.
Was ist denn das Besondere an Hofer-Brot?, falls ich mir als ahnungsloser Exil-Ostfriese die leise Frage erlauben darf. :)
Was für den Exil-Ostfriesen der Aldi ist, ist für die Wiener der Hofer. ;-)
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